HisCours

bearbeitet von: Thomas Gilli, Nico Kunkel

 

Ziel unseres Projektes ist es, das histoire-discours-Verhältnis literarischer Texte zu visualisieren. Die für die Narratologie grundlegende Unterscheidung zwischen histoire und discours erlaubt als formale Analysekategorie sowohl den Zugriff auf literarische Organisationen von Zeit, als auch deren Entschlüsselung und bezieht sich ferner auf textanalytisch scheinbar klar benennbare Textmerkmale.
 
Während der discours als Modell der linearen Anordnung von Erzählvorgängen, wie sie der Leser rezipiert (= das Wie), entspricht, stellt die histoire die erzählten Begebenheiten in der Abfolge dar, wie sie sich in der erzählten Welt ereignet haben.
 
Die im Kontext der Forschungsstelle entstehenden Novellenkorpora sollen anhand dieser Kategorien annotiert und anschließend im Hinblick auf ihre charakteristische, zeitliche Organisation visualisiert werden, um so womöglich wiederkehrende Muster in der Zeitstruktur der zugrunde liegenden Texte entdecken und genauer beschreiben zu können.
 
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(Abb.: erste Visualisierungsskizze)
 
Das Projekt ist sowohl methodisch als auch technisch interessiert. Es werden Konzepte der Erzähltheorie mit konkreten Annotations- und Visualisierungsmöglichkeiten verknüpft. Auf diese Weise ist es möglich, die histoire/discours-Unterscheidung gleichsam von deren Annotier- und Visualisierbarkeit her in den Blick zu nehmen und dabei den Unstimmigkeiten und Beschränkungen nachzugehen, die sich sowohl auf konzeptioneller als auch auf technischer Seite ergeben. Einerseits interessiert sich das Projekt methodisch für den heuristischen Nutzen formaler und strukturaler Textanalyse. Andererseits geht es um technische Fragen der effizienten digitalen Textauszeichnung sowie der Weiterverarbeitung von annotierten Texten und deren Visualisierung.