Unsere Philosophie

Die Digital Humanities Cooperation ist eine Forschungsinitiative der TU Darmstadt, der ETH Zürich und der Universität Konstanz. Sie versteht sich als Anlaufstelle für digitale Analysen mit methodenkritischer Perspektive.

 

Wir gehen davon aus, dass die quantitativen und empirischen Methoden, die momentan Konjunktur haben, auch unsere etablierten hermeneutischen Verfahren und vor allem das Verhältnis von Theorie und Methode in der Literatur- und Kulturwissenschaft verändern. Die technischen Möglichkeiten zur digitalen und statistischen Analyse von Texten, Bildern, Objekten und Artefakten haben einen Entwicklungsstand erreicht, der gerade im Rahmen europäischer und globaler Studien der methodischen Reflexion bedarf, weil die digitale Technik insbesondere auf dieser Ebene, wo große Materialmengen verarbeitet werden müssen, neue Erkenntnismöglichkeiten eröffnet. So wurden jüngst in der nordamerikanischen Literaturgeschichte Befunde hervorgebracht, die die aus Lektüren des Kanons gewonnenen Ergebnisse in wichtigen Aspekten in Frage stellen oder gar als falsch erweisen. Während das Data Mining an anderen Stellen vorhandene Erkenntnisse empirisch konsolidiert, ist in der überwiegenden Zahl der Fälle nicht klar, was aus den Datenmengen folgt. Die oft allzu rasch genutzten Möglichkeiten der Visualisierung von Daten können in die Irre führen, wenn nicht gefragt wird, auf welche Weise sie das repräsentierte Material charakterisieren. Umgekehrt kann der Standard des operationalisierungsorientierten Denkens, den quantitative Methoden verlangen, die Durchführung qualitativer literatur- und kulturwissenschaftlicher Einzelanalysen anschlussfähiger werden lassen für die Forschungen anderer.

 

Die Ergebnisse wirklicher Big Data-Forschung in den Geisteswissenschaften sind noch überschaubar, die methodische Reflexion der Arbeit mit mittelgroßen oder kleinen Korpora ausbaufähig. Im Rahmen der DHC interessieren uns mögliche Theorien für Operationalisierungen von Forschungsfragen in den Digital Humanities gerade auch in Fällen, in den z.B. stilometrische Operationalisierungen bestehende Konzepte verändern oder Theorien als nicht operationalisierbar ausweisen. Im Ringen mit der methodischen Grundfrage, in welchem Verhältnis statistische und hermeneutische Methoden stehen und ob sie sich auf gewinnbringende Weise verbinden lassen, berücksichtigen wir auch Ansätze aus der Kognitionspsychologie. Es gibt Versuche, die Hermeneutik kognitionswissenschaftlich zu reformulieren. Sie sind bislang reines Programm und experimentell nicht bestätigt. Die Kognitionspsychologie ist für uns z.B. dort interessant, wo sie sich mit den Schwierigkeiten beschäftigt, die uns statistisches Wissen bereitet, oder dort, wo sie es erlaubt, rezeptionsästhetische Theorien zu testen, statt sie ‚anzuwenden‘.